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Plagen in den Magen

HOLYCRAB! gewinnt Gründer-Wettbewerb der Bundesregierung

Berlin 12.11.2018

 

Das Team von HOLYCRAB! zählt zu den Gewinnern des Wettbewerbs „Kultur- und Kreativpiloten“, der jedes Jahr von der Bundesregierung ausgelobt wird, um die deutsche Kreativwirtschaft zu fördern. Von den 759 Bewerbern wurden 96 zu Auswahlgesprächen eingeladen. 32 davon schafften es bis in das Programm. HOLYCRAB! bringt Plagen wie den Roten Amerikanischen Sumpfkrebs als kulinarische Besonderheit auf den Teller und verwandelt damit Schädliches zu Gourmet-Street-Food. Als Gewinner erhält das Unternehmen nun ein einjähriges Coaching- & Mentoringprogramm, um die Idee weiter voran zu treiben, sowie Zugang zu einem weitreichenden Netzwerk in Wirtschaft und Politik. Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, betont die Wichtigkeit des Titels: „Die Kultur- und Kreativwirtschaft entwickelt innovative Lösungsansätze für die Herausforderungen der Zukunft. Sei es im Bereich des digitalen Wandels, der Energiewirtschaft oder der Mobilität. Kreativunternehmerinnen und Kreativunternehmer setzen wichtige Impulse, die weit über ihre eigene Branche hinauswirken“, betont Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie: „Wir brauchen diese kreativen Ideen für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.“

 

Menschen zu Fressfeinden

Im Frühjahr 2018 ging das Thema Plagen – oder besser: „invasive Arten“ – bundesweit äußerst medienwirksam durch die Presse: der Rote Amerikanische Sumpfkrebs fühlt sich heimisch in Berlin. Wer an einem regnerischen Tag durch den Tiergarten spaziert, dem läuft er nicht selten sogar direkt über den Weg. Der Krebs stellt aufgrund seiner schnellen Ausbreitung eine Bedrohung für die lokale Tierwelt dar; er hat dort keine Fressfeinde – bisher zumindest nicht! Durch HOLYCRAB! nimmt der Mensch diese Rolle ein. Das Ziel: den Krebsbestand soweit aufessen, bis das Gleichgewicht wiederhergestellt ist.

Erkennbar ist der Rote Amerikanische Sumpfkrebs an seiner knallroten Signalfarbe: wie ein richtiger „Lobster“ eben. Einfach so fangen darf man ihn aber nicht, denn die Art unterliegt dem Fischereigesetz, nachdem sie ausschließlich durch lizenzierte Betriebe gefangen werden darf. Zuhause ist das Schalentier eigentlich in den USA, wo es schon seit jeher auf dem Speiseplan – und den Speisekarten vieler Restaurants – steht.

 

Hyperlokales Superfood in Wildtierqualität

Mit kulinarischer Expertise wird also aus dem übergriffigen Sumpfkrebs der „Berlin Lobster“. In verschiedenen Street-Food-Kreationen bringen die kulinarischen Visionäre von HOLYCRAB! die Plage in urbaner Wildtierqualität mit weiteren saisonalen Zutaten zurück auf die Straßen Berlins. Mit hyperlokalem Superfood – der Krebs lebt schließlich wild, ganz ohne Medikamente oder künstliche Futtermittel – retten hungrige Berliner ihr eigenes Ökosystem.

 

Wer steckt dahinter?

HOLYCRAB!, das sind Andreas Michelus – Saucier im Hotel de Rome, Juliane Bublitz – Zukunftsforscherin, und Lukas Bosch – Experte für Geschäftsmodellentwicklung. „Die Limitationen im Umgang mit einer sogenannten Plage reizen mich besonders, denn sie erzeugen Kreativität,“ ist Gourmet-Koch Michelus von seiner Hauptzutat begeistert. „Selbstgebackene Brioches mit Staudensellerie, blanchierten roten Zwiebeln, schwarzen Walnüssen und einer Kamillensauce – dazu die Krebse – das schmeckt!“ Der Küchenstil vereint das Angebot regionaler Erzeuger sowie weitere Zutaten, die ebenfalls in den Bereich der „unerwünschten Lebensmittel“ fallen: Unkräuter und krummes Gemüse, das nicht den Supermarktstandards entspricht. „So bekommt jede Jahreszeit ihr eigenes, ganz besonderes Krebsgericht und es wird nie langweilig“, freut sich Michelus auf die Herausforderung.

 

Nachhaltiges Geschäftsmodell

Der Geschmack überzeugt also schon mal, jetzt geht es daran, die Idee in großem Stil unter die Leute zu bringen, um das Problem möglichst effektiv anzugehen. „Plagen zu verarbeiten ist der Inbegriff von Unternehmertum: wir nehmen etwas, was per se keinen Wert hat, was in unserem Fall sogar schädlich ist, und machen über die Wertschöpfung etwas Gutes daraus,“ erklärt Co-Gründer Lukas Bosch. „Dabei stellen wir ein wirtschaftlich rentables Unternehmen auf die Beine, denn nur so können wir wirklich nachhaltig erfolgreich sein. Nachhaltig im ökonomischen, ökologischen und sozialen Sinne. Das alles geht für uns Hand in Hand“, betont Bosch.

 

Plagen gibt es überall – und sie haben Potenzial

Der Krebs ist aber erst der Anfang, „essbare Plagen“ sind ein globales Phänomen. Es gibt sie in allen Teilen der Welt: Kamele in Australien, Heuschrecken in Madagaskar, Nilgänse in Deutschland. Häufig wird versucht diesen Arten mit anderen Tieren den Garaus zu machen. Im Falle der Krebse werden beispielsweise in manchen betroffenen Regionen Aale ausgesetzt. Doch niemand kann garantieren, dass diese Gegenspieler nicht auch wiederum zur Plage werden – so passiert zum Beispiel mit Zuckerrohrkröten in Australien, die zum Kampf gegen eine Maikäferplage im Jahre 1935 aus Hawaii eingeführt wurden und inzwischen aufgrund ihrer massenhaften Vermehrung und des tödlichen Giftes Angst und Schrecken verbreiten. Oder aber die Tiere landen in der Biogasanlage, eine gängige Praxis z.B. beim Thema Wildgänse.

Die EU veröffentlicht in regelmäßigen Abständen eine Liste invasiver Arten, die es zu bekämpfen gilt, um lokale Ökosysteme zu schützen. Während einige der tierischen und pflanzlichen Einwanderer sich durchaus allgemein verträglich verhalten, verdrängen als invasiv eingestufte Exemplare heimische Flora und Fauna. Auf der aktuellen Liste von 2017 stehen zahlreiche Krebs- und Krabbenarten sowie Muscheln, Vögel wie Ibis und Nilgans, unterschiedlichste Gräser und Kräuter. Viele davon sind – theoretisch – essbar.

 

Die Konsumententrends sprechen dafür

„Wir wollen nach und nach weitere Arten ins Programm nehmen,“ erläutert Juliane Bublitz, „denn die Verwertung von Plagen macht nicht nur aus Sicht der Umwelt Sinn. Maximal lokale Lebensmittel in Wildtierqualität und dabei außerdem als persönlicher Beitrag zum Umweltschutz – viel besser kann Konsum fast nicht mehr werden.“ Tatsächlich wollen sich immer weniger Menschen mit Massentierhaltung und dem damit einhergehenden Tierleiden sowie persönlichen Gesundheitsrisiken von Industriefleisch abfinden. Viele werden Vegetarier oder Veganer. Die am stärksten wachsende Gruppe von bewussten Konsumenten sind jedoch die ‚Flexitarier’: Menschen, die seltener Fleisch essen – und wenn, dann bio und lokal. „Konsumententrends wie gesunde Ernährung, ein  gesteigertes ökologisches Bewusstsein insbesondere in den Städten und das Bedürfnis, Teil von etwas Größerem zu sein sind die gesellschaftlichen Treiber unserer Idee“, so die Zukunftsforscherin weiter.

 

Events, Catering & Foodtruck für Plagitarier

Aktuell bereitet das Team den Start in die kommende Saison vor. Ab dem Frühjahr beginnt die Fangzeit, dann wird es erste Events und Caterings geben. Im Sommer wird außerdem ein Foodtruck die Berliner Gastroszene mit kreativen Krebskreationen bereichern und humorvoll auf globale Zusammenhänge und Ernährungsfragen aufmerksam machen.

 

Wer nichts verpassen möchte, meldet sich am besten als zukünftiger „Plagitarier“ auf www.holycrab.berlin für den Newsletter an.